2. Teil – Die Jahre 1945 – 1960

In einem großen Chaos fand der 2. Weltkrieg im Mai 1945 sein Ende. Neben dem totalen Zusammenbruch brachte das Kriegsende auch die Auflösung aller Berliner Sportvereine. Im Laufe des Sommers 1945 entstanden die kommunalen Sportgruppen, die auf Anordnung der Besatzungsmächte gegründet wurden. Zum Teil wurzelten diese in der Tradition ihrer alten Vereine. Die alten Mitglieder des Gatower SV waren, soweit sie noch lebten, in Kriegsgefangenschaft. So ergriffen die Jugendlichen des ehemaligen Gatower SV die Initiative und gründeten die kommunale Sportgruppe Gatow. Um ihren ehemaligen 1. Vorsitzenden Martin Burdach scharten sich Adolf Wolter, Erich Salzmann, Heinz Broszel, Horst Bethke, Heinz „ Bubi“ Wolf, dessen Schwester Charlotte, die sich in dieser Zeit hauptsächlich mit der zu leistenden Schreibarbeit beschäftigte, und legten den Grundstock für den späteren SC Gatow.

Gespielt wurde an der Straße am Auslandshaus in Hohengatow, da der alte Sportplatz in Gatow längst Getreide- und Kartoffelfeld geworden war. Am Anfang wurden lediglich Freundschaftsspiele ausgetragen. Viele, aus Kriegsgefangenschaft heimgekehrt, fanden den Weg zur Sportgruppe Gatow, ihren ehemaligen Kameraden des Gatower SV. Hinzu kamen einige Heimatvertriebene, die als alte Fußballer hier eine neue Wirkungsstätte fanden. Man fand sich kameradschaftlich zusammen und konnte im Jahre 1947 eine 1. und 2. Mannschaft zum Punktspielbetrieb anmelden. Zu diesem Zeitpunkt waren nur 18 Spieler zur Stelle, vier Spieler hatten also an jedem Sonntag zwei Spiele zu absolvieren. Man wurde der damaligen 2. Klasse zugeordnet und nachdem man im Spieljahr 1947/48 bei einem Torverhältnis von 14:65 wenigsten noch 9-31 Punkte holte und Vorletzter werden konnte, gingen im Spieljahr 1948/49 alle Spiele verloren, lediglich das letzte Spiel gegen den Staffelmeister brachte ein 1:1 Unentschieden, so daß man die Saison mit 1-43 Punkten bei 15:100 Toren beendete.

Am 1. April 1949 erfolgte die Neugründung. In der Gründungsversammlung gab es erregte Diskussionen über die Vereinsbezeichnung. Der Verein nannte sich von nun ab SPORTCLUB GATOW. Satzungsgemäß wurde festgelegt, daß der SC Gatow die Nachfolgeorganisation des Gatower Sportvereins von 1931 ist, dessen Tradition und Vereinsfarben grün-weiß übernimmt. Um nur einige zu nennen, die sich um die Gründung des SC Gatow besonders verdient gemacht haben, erwähnen wir Günther von Roy, Adolf Wolter, Heinz Käppele, Erich Salzmann und Bubi Wolf. Kamerad von Roy führte Verhandlungen mit dem Grundstücksamt in Spandau und pachtete ein Gelände neben der Schule in Gatow, auf dem heute Einfamilienhäuser stehen, das als Sportplatz hergerichtet wurde. Dieses Gelände wurde dann von Bauer Wolter 3 Wochen lang mit drei Gespannen bearbeitet. Auf diesem „Acker“, als solcher wurde er insbesondere von den lieben Sportkameraden, die uns besuchten, bezeichnet, wurden dann die Spiele der Saison 1949/50 ausgetragen. Zu allem Überfluss musste dieser Platz, der von Westen nach Osten ausgerichtet war, auch noch nach ca. 2 Jahren „gedreht“ werden, so dass die Ausrichtung von Norden nach Süden verlief.

Das Spieljahr 1949/50 brachte uns Zugang von einigen Spandauer Sportkameraden und damit eine wesentliche Hebung der Spielstärke beider Männermannschaften. So konnte die 1. Mannschaft mit 27-17 Punkten und 55:37 Toren den 5. Platz belegen. Zugeordnet war man dem NO-Kreis, 2. Klasse. 1950 wurden wir dann nach Einteilung der Klassen innerhalb des VBB (heute BFV) der 2. Klasse zugeordnet.

Im Jahr 1950 hatte der Verein einen solchen Mitgliederzuwachs zu verzeichnen, daß 5 Männer- und 6 Jugendmannschaften zum Spielbetrieb angemeldet werden mußten. Es waren nicht genügend passive Mitglieder vorhanden, die die Betreuung der Mannschaften übernehmen konnten. Die 1. Mannschaft gewann weiter an Spielstärke, war in den Jahren 1950 und 1951 im Verbandspokal jeweils unter den letzten Sechzehn. 1950 versetzte uns Alemannia 90 mit einem 8:0 auf dem Hertha-Platz den K.O., 1951 war es dann der BFC Südring, der wie Alemannia 90 ebenfalls in der Stadtliga spielte, der uns mit einem 3:1 das Pokalaus bescherte. In der Meisterschaft belegte die 1. Mannschaft in den Saisons 1950/51 und 1951/52 den 6. und 7. Platz.

Anfang März 1953 vernahmen wir die erschütternde Nachricht, daß unserer Kamerad Prof. Dr. Auta, der während des Krieges als Chirurg in der Charite tätig war, auf seinem Gut Netzen bei Brandenburg an den Folgen einer Sepsis, die er sich bei einer Operation als Arzt zugezogen hatte, am 4. März 1953 verstorben war. Ehrfurcht gebietet uns, ihm an dieser Stelle unseren Dank zu sagen für all seinen persönlichen Einsatz um die Gründung und das Wohlergehen seines und unseres Gatower Sportvereins!

Dank der großzügigen Unterstützung durch das Spandauer Bezirksamt wurde im Jahre 1951 mit dem Bau eines Rasenplatzes an der Schule in Gatow begonnen. Der Platz, der im Jahre 1953 fertig war, wurde im August mit den Spielen um den „Havel-Wanderpokal“ eingeweiht. Der „Havel-Wanderpokal“ wurde von uns in den Jahren 1951 bis 1953 ausgespielt und von Teutonia Spandau dreimal hintereinander gewonnen.

Auch der VBB versagte uns nicht sein wohlwollendes Verständnis und ließ uns im Jahre 1952 eine Umkleidekabine errichten. Diese hatte keine Duschen, sondern lediglich kaltes Leitungswasser, ein angeschlossener Raum fungierte als Vereinszimmer, in dem sich zumindest teilweise das Vereinsleben abspielte. In die Lösung des Problems der vorsintflutlichen Verhältnisse bezüglich des Lichts und des Wassers waren in den Jahren 1957/58 auch die Verbandsvorsitzenden Rusch und Genthe, nach denen später der Berliner Verbandspokal und die Heimstätte des BFV benannt wurden, eingebunden!

Als externes Vereinsheim fungierte Anfang der 50iger Jahre noch das Landhaus Gatow in der Gatower Straße 314, das zuletzt unter anderem von einem Inder bewirtschaftet wurde.

In der Spielserie 1952/53 errang unsere 2. Mannschaft die Meisterschaft ihrer Staffel, während die 1. Mannschaft den 11. Platz von 13 Mannschaften belegte.

Die Jugendabteilung war zu dieser Zeit stets das Sorgenkind des Vereins. Nicht, weil sie unter der Leitung von A. Kirchner nicht das zu leisten vermochte, was wir uns von ihr versprachen, sondern weil sie nicht die zahlenmäßige Stärke erreichte, die wir erwünschten. Das lag aber hauptsächlich daran, daß sich zu wenig Kameraden für die Jugendbetreuung zur Verfügung stellten. Andererseits hat sich aber auch die Schulreform auf den Jugendbetrieb unseres Vereins als nachteilig erwiesen. Die Jungen, die wir mit Unterstützung des Lehrkörpers der Jugendabteilung unseres Vereins zuführen, müssen im 11. bis 12. Lebensjahr zur Oberschule nach Spandau und wirkten dann dort in den Schulmannschaften mit. Neue Freundschaften mit Schulkameraden wurden geschlossen und als Folge davon wurden sie bald Mitglied eines anderen Spandauer Vereins, von dem sie sich für ihre fußballerische Laufbahn mehr erhofften. Letzteres gilt im übrigen bis heute! Auch, dass einige wieder zurückkehren und dann zu den treuesten Anhängern zählen!

Der Verband wies uns damals den Kameraden Albert Schöps als Übungsleiter zu, unter dem die Jugend mit großem Eifer dem Training nachging. Das, was die Älteren damals den Jugendlichen zuriefen, gilt auch heute noch: „Ihr übernehmt einmal unser Erbe! Seid mit Freude und Kameradschaft beim Training und beim Spiel. Helft Euren Jugendbetreuern und dem Vorstand bei ihrer schweren und verantwortungsvollen Tätigkeit!“

Zunächst Trainer und später Betreuer der 1. Mannschaft seit Anfang der 50iger Jahre war Kurt Schulz, der unter anderem durch seinen Arbeitskollegen beim Finanzamt, Werner Salomon, dem späteren Spandauer Bürgermeister, zum SC Gatow gekommen war. Kurt Schulz, Jahrgang 1913, war bis zu seinem Tod am 3.3.2005 Mitglied im Verein und bis zur Saison 2003/2004 bei fast jedem Spiel der 1. Mannschaft dabei!

Die 1. Mannschaft belegte in der 2. Klasse in der Saison 1953/54 den 8. von 13 und 1954/55 den 11. Platz von 14 Mannschaften. In der Spielserie 1955/56 hatte die 1. Mannschaft einen schlechten Start, konnte das verlorene Terrain nicht wieder einholen und mußte als Vorletzter den bitteren Weg des Abstiegs in die 3. Klasse gehen.

Das Jahr 1955 war aber auch in anderer Hinsicht für den SC Gatow ein bedeutendes Jahr. Der Sportkamerad Ludwig Wendler, den Kurt Schulz im Weltmeisterschaftsjahr 1954 im Wirtshaus Gatow, das damals als Vereinslokal fungierte und von Paul Czichos betrieben wurde, kennen gelernt hatte, indem er diesen auf die Vereinsnadel des 1. FC Köln ansprach, die dieser am Revers trug, stieß zum SC Gatow und sollte ca. 20 Jahre die Geschicke des Vereins bestimmen.

Ludwig Wendler, am 31.12.1913 in Schwerin geboren und in seiner Gatower Zeit bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) in leitender Position beschäftigt, war zuvor von 1947-1949 beim Hamburger SV und dann von 1949-54 im Vorstand des 1. FC Köln, wo er in der Geschäftsführung und im Spielausschuß tätig war. Seinen ersten Erfolg beim SC Gatow hatte er gleich mit der von ihm neu zusammengestellten Seniorenmannschaft, die 1955 auf Anhieb die Herbstmeisterschaft errang. Leider mußten im weiteren Verlauf der Saison Spieler an die 1. Mannschaft abgegeben werden, so daß der Spitzenplatz nicht gehalten werden konnte. Dies gelang der Seniorenmannschaft aber ein Jahr später, als in prächtiger Manier die Staffelmeisterschaft der Spielserie 1956/57 errungen werden konnte.

Der Verein stellte zu dieser Zeit auch eine 2. und 3. Mannschaft, die sich in ihren Klassen recht achtbar schlugen.

Das 25. Vereinsjubiläum begann mit der Generalversammlung am 16.6.1956. Nach dem Bericht des alten Vorstandes, den Berichten des Spiel- und Jugendausschusses und dem Kassenbericht wurden, nach Entlastung des alten Vorstandes, folgende Kameraden in den neuen Vorstand gewählt:

1. Vorsitzender: Ludwig Wendler 2. Vorsitzender: Norbert Ottenburger
Protokollführer: Georg Walloschek 1. Kassierer : Walter Burdach
Hilfskassierer : Erwin Them und Walter Topel
Spielausschuß : Heinz Franke und Karl Luft
Jugendausschuß: Alexander Kirchner, Günter v. Roy, Heinz Buschhüter
Kassenprüfer : Oskar Ernst und Bruno Behrendt

Das Spieljahr 1956/57 sollte der 1. Mannschaft den Aufstieg in die 2. Klasse bringen, doch Verletzungspech und Abwanderungen von Spielern nach Westdeutschland verhinderten dies,

so daß nur ein unbefriedigender 7. Platz von 11 Mannschaften heraussprang. Durch den Zugang einiger talentierter Neuzugänge wurde die Mannschaft jedoch wesentlich verstärkt, so dass im Spieljahr 1957/58 als Erster mit 32-8 Punkten und 59:24 Toren der Aufstieg in die 2. Klasse gelang. Man hoffte nun, daß es weiter aufwärts gehen würde. Aber die kleinen Vereine an der Stadtperipherie haben es besonders schwer, sich zu behaupten. So ein kleiner Ort wie Gatow ist kein großes Spielerreservoir, aus dem der Verein das nötige Spielermaterial schöpfen kann. Aber das gute Vereinsklima, das durch Vorstandsmitglieder und Mannschaftsbetreuer gegeben war, ließ die Mitgliederzahl stark ansteigen. Doch auch die anderen Vereine wurden stärker und der Aufstieg in die nächsthöhere Spielklasse immer schwerer. Infolgedessen mußte auch bei uns das Training intensiviert werden. Vom Frühjahr bis zum Herbst stand uns dafür der alte Platz zur Verfügung, aber im Winter gab es immer Schwierigkeiten, da für die Spandauer Vereine zu wenig Hallen zur Verfügung standen. Daher war es sehr schwer, für alle Mannschaften ein intensives Training durchzuführen, weil uns die Halle nur einmal pro Woche zu einer bestimmten Zeit zur Verfügung stand. Infolgedessen waren viele Sportkameraden aus beruflichen Gründen nicht in der Lage, pünktlich oder überhaupt am Training teilzunehmen. Dies hatte zur Folge, daß Spielstärke und Teamarbeit nicht voll zum Zuge kamen.

Die 1. Mannschaft, die ja nun einmal das Aushängeschild ist, belegte in der Saison 1958/59 den 5. Platz, die Spielserie 1959/60 ging mit dem 4. Platz zu Ende, ohne daß die Meisterschaft erreicht wurde. Trainer und Mannschaft waren unzufrieden, Meinungsverschiedenheiten taten ein Übriges und so entschied sich der Vorstand für etwas, das oftmals im Fußball als Allheilmittel gilt: Trainerwechsel. Dem scheidenden Trainer Albert Schöps, der erst die Jugend und dann die 1. Mannschaft trainierte, sei hiermit herzlich gedankt für die Jahre seiner Tätigkeit.

Quellen:
Festschrift zum 25. Stiftungsfest am 3.11.1956 (Norbert Ottenburger)
Mitteilungsblatt zum 40. Stiftungsfest am 6.11.1971 (Manfred Müller,mm)
Arbeitskreis Gatow (Tabellen)
Helmut Groeger
Klaus Hamm
Kurt Schulz
Hans-Jürgen „Sohne“ Sell
Adolf Wolter
Vereinsinterne Unterlagen

Zusammengestellt von Gerrit Kähling

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